Aus meiner Sicht sind das die drei Grundwerte heutiger Kommunikation. Wie ich darauf komme? Nun. Es ist diese spezielle Zeit zwischen den Jahren. Die Zeit, in der einem nochmal alles durch den Kopf geht, was man im letzten Jahr erlebt hat. Die Zeit, in der man Armbanduhren ablegt und Gedanken manchmal stundenlang ziellos schweifen lässt. Genau das habe ich gestern getan. Und hier ist die Geschichte meiner kleinen Gedankenreise.
Ich bin in einer Zeit groß geworden, in der wir es gewohnt waren, Werbebotschaften zu empfangen und nicht zu hinterfragen. Wäsche war nicht nur sauber sondern rein, Haribo machte Kinder froh und Bauknecht wusste, was Frauen wünschen. Die Tagesschau und die lokale Presse waren außerdem die einzigen Nachrichtenquellen und was nicht im Brockhaus stand, das gab es nicht.
Gegen Ende des 20. Jahrhunderts kam dann dieses Internet. Gleichzeitig fielen auch die Grenzen in Europa und das ein oder andere Monopol der Wirtschaftswunderzeit wurde aufgelöst. Die Politik nannte das "Regulierung der Märkte" und es roch nach frischem Wind.
In der Tat kam es so, dass Post, Telekom oder auch die Deutsche Bahn nicht nur strukturell umdenken mussten. Auch ihre Werte und nicht zuletzt ihre externe Kommunikation haben sich seit den Neunzehnhundert-Siebzigern stark verändert. Bei der Telekom wurde aus Befehlen wie "Fasse dich kurz" (in Telefonzellen) oder "Ruf doch mal an!" (auf den Wählscheiben-Apparaten) ein fast philosophisches "Erleben was verbindet". Dazu gibt es einen Markenfilm, der sich mehr mit Menschen als mit Produkten beschäftigt.
Die Post macht mit "Schreib mal wieder" heute niemandem mehr ein schlechtes Gewissen. Stattdessen sieht sie es bei ihrer Banksparte heute aus Sicht des aufgeklärten Kunden, der sagt "Unterm Strich zähl ich". Und statt dem etwas altklugen, von meinem Patenonkel oft zitierten, "Fahr lieber mit der Bundesbahn" wird aktuell ein augenzwinkerndes "Rentiere waren gestern".
Kurz: Im 20. Jahrhundert genügte es in der Regel, Produkte oder Dienstleistungen mit einem guten Slogan emotional aufzuladen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Verführung gelang, war recht hoch. Zumal es meist an ernst zu nehmender Konkurrenz mangelte. Heute hingegen wird jeder Schokoriegel von uns Verbrauchern kritisch hinterfragt. Herkunft, Inhaltstoffe und überhaupt. Macht der nicht dick?
Was bedeutet das jetzt aber, jenseits sich wandelnder Staatskonzerne, für unsere eigene tägliche Kommunikation? Privat wie beruflich? Off- wie online?
Nun, Tatsache ist doch: Nie wurde die Kompetenz, zu kommunizieren, von jedem Einzelnen so gefordert wie heute. Vor allem durch die so genannten Sozialen Netzwerke ist doch heute jeder sein eigener Pressesprecher. Mehr noch. Jeder kann plötzlich überall mitreden. Das wiederum setzt die Verantwortlichen für Kommunikation in kleinen wie großen Unternehmen unter einen erhöhten Druck. In der Markenwelt geht es schon lange nicht mehr um höher, schneller, weiter. Es geht um relevant, transparent und glaubwürdig.
Und auch wenn sich immer noch viele Menschen durch ein entsprechendes Studium quälen, Bücher mit Titeln wie "So nutze ich Facebook richtig!" kaufen oder teure Kommunikations-Trainings besuchen. Täglich lesen, sehen und hören wir tonnenweise Nutz, Lieb- und Sinnloses. Warum ist das so schwer? Oder besser: Wie können wir das ändern? Ich hätte da eine Idee.
Gehen wir doch zunächst von folgender These aus: Kommunikation findet immer von Mensch zu Mensch statt. Ja, immer. Ja, überall. Und weil das so ist, folgt Kommunikation auch immer den drei wichtigsten Werten von Menschen.
Liebe, Sinn und Neugier. Warum diese drei?
1. Weil es ohne Liebe keine Menschen gäbe.
2. Weil wir ohne Sinn nicht überleben könnten.
3. Und weil wir uns ohne Neugier nicht weiter entwickeln würden.
Ja, ich glaube, es ist so einfach.
Und jetzt verrate ich eines meiner Geheimnisse. Bevor ich persönlich oder für meine Agentur etwas veröffentliche, sei es ein Video, Bilder, einen Blogbeitrag wie diesen oder einfach nur eine Statusmeldung auf Facebook, checke ich (meistens) diese drei Werte.
1. Liebe
Ist das, über was ich berichten will, etwas, dass ich mit an Liebe grenzender Leidenschaft tue. Oder ist es etwas, dass Andere mit diesem Gefühl getan haben. Habe ich so etwas wie Tränen in den Augen oder Gänsehaut, wenn ich nur daran denke? Wenn die Antwort auf diese Fragen "Nein" lautet, klappe ich den Rechner wieder zu.
2. Sinn
Macht das, über was ich berichten will für andere Menschen Sinn? Haben die Empfänger meiner Nachricht im weitesten Sinne einen Nutzen daraus? Werden sie durch meine Botschaft inspiriert? Werden sie klüger, gesünder, gebildeter, fröhlicher, erfolgreicher oder glücklicher? Nein? Immer wieder nein? Dann gehen ich vielleicht doch lieber eine Runde spazieren.
3. Neugier
Der vielleicht entscheidende Punkt. Bin ich neugierig auf das, was andere Menschen über meine Geschichte denken? Nein? Kein Bisschen? Warum sollte ich es dann irgendjemandem erzählen?
In der Regel reicht es mir, wenn meine Story einen von diesen drei Werten besitzt. Nicht selten lässt es sich gar nicht so klar trennen. Wichtig ist mir am Ende, dass durch meinen Impuls ein echter Dialog zustande kommt. Dass Menschen meine Geschichten mögen, kommentieren, anzweifeln, hinterfragen, weitererzählen oder auch neue Geschichten hinzufügen.
Kurz: Lasst uns miteinander reden anstatt wie damals einfach nur Botschaften zu verbreiten. Und lasst es uns mit Liebe, Sinn und Neugier tun. Wertschätzend, respektvoll und konstruktiv. So entsteht ein schier unendlicher Dialog von Gedanken, Ideen und Best Practices. Aus meiner Sicht ist das die effektivste und fruchtbarste Basis für die dringend notwendigen Innovationen im Denken und Handeln unserer Zeit.
Jetzt bin ich sehr gespannt auf Eure Meinungen dazu. Denn auch wenn das hier nur ein "Gedankenschweifer zwischen den Jahren" ist, glaube ich tatsächlich, dass es so einfach ist.
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